Zusammenfassung
Hintergrund
Psychische Komorbiditäten bei Tinnituspatienten sind häufig und ihre Diagnostik ist wichtig für Interventionen und Therapieerfolg. Hierbei ist die Auswahl geeigneter Fragebögen entscheidend. Ziel dieser Studie war es, das ICD-10-Symptom-Rating (ISR) für die Diagnostik psychologischer Komorbiditäten zu untersuchen.
Methode
In der vorliegende Studie wurden Tinnitusbelastung und psychische Komorbidität bei n = 311 Patienten mit chronischem Tinnitus untersucht, die eine 7‑tägige multimodale tinnitusspezifische Intensivtherapie absolvierten. Zur Messung der Tinnitusbelastung wurde die deutsche Version des Tinnitus-Fragebogens (TF) eingesetzt. Psychische Komorbidität wurde mit dem ISR (Gesamtbelastung, depressives Syndrom, Angstsyndrom, Zwangssyndrom, somatoformes Syndrom, Essstörungssyndrom), Perceived Stress Questionnaire (PSQ: Gesamtwert für subjektive Stressbelastung, „Anspannung", „Sorgen", „Freude" und „Anforderungen") sowie der Allgemeinen Depressionsskala (ADS) gemessen.
Ergebnisse
Bei 65 % der Patienten bestanden psychische Komorbiditäten. Die Gesamtwerte des TF, ISR, PSQ und ADS zeigten signifikante Verbesserungen nach der Therapie. Zu Beginn der Therapie fanden sich signifikante Korrelationen der eingesetzten Messinstrumente, d. h., die Tinnitusbelastung konnte durch ISR-Gesamtbelastung, -Zwangssyndrom und PSQ-Anspannung vorhergesagt werden. Nach der Therapie wurde die – nun verringerte – Tinnitusbelastung zusätzlich durch die ISR-Unterskalen „Depression" und „Esstörungssyndrom" vorhergesagt.
Schlussfolgerung
Der ISR ist zur Erfassung komorbider psychischer Belastung bei Patienten mit chronischem Tinnitus und zur Erfassung kurzfristiger Therapieeffekte geeignet. Bei der Therapie des chronischen Tinnitus sollten stressassoziierte Anspannung, depressives Erleben und dysfunktionales Coping, z. B. über maladaptives Essverhalten, berücksichtigt werden.
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